Donnerstag, 27. August 2015

Bienvenidos Bolivia - Willkommen im Abenteuer

Irgendwann musste es ja kommen, es hat einfach bisher alles zu flüssig funktioniert... Nach einem entspannten Vormittag in Puno (es ist hier übrigens weit aus wärmer, als die Wettervorhersage angekündigt hat, in der Stadt kann man tagsüber im T-Shirt laufen, an der Promenade reicht eine leichte Jacke), machten wir uns auf zum Busbahnhof um unser nächstes Reiseziel zu erreichen.

Pünktlich wurden wir aufgerufen, aber der Bus gehörte mitnichten zu der im Prospekt angekündigten Flotte an neuen Bussen, die die Firma angeschafft hat. Aber die Sitze sind voll gemütlich nur der Sitzabstand für mich etwas gering, ein Bein muss immer auf dem Gang bleiben. Da wir jetzt nach Bolivien einreisen, kontrolliert die Crew unsere Reisepässe und Einreisebelege für Peru und händigt uns die Formulare für Bolivien aus und kontrolliert im Bus nochmal, ob alle alles richtig gemacht haben.

Die Reise läuft gut, wir kommen zügig voran. Vor der Grenze haben wir nur wenig Verzögerung, wir müssen alle samt Handgepäck aussteigen, durch die peruanische Ausreisestelle, 300m zu Fuss über die Grenze, dort an der bolivianischen Einreisestelle den nächsten Stempel holen und zurück zum inzwischen abgefertigten Bus. Sind ja nur noch acht Kilometer bis zum Ziel. Doch es geht nicht weiter, ein Mitreisender fehlt, er ist in Peru an der Grenze hängen geblieben... Wir müssen über eine halbe Stunde warten, die Sonne fängt an sich dem Horizont zu nähern... Und wir wollten heute noch mit dem Boot zur Isla del Sol zu unserem Hotel...
Um 18:30 kommen wir endlich in Copacabana an (es handelt sich hier übrigens um die echte Copacabana, nach der die brasilianische später benannt wurde), vor einem Hotel werden alle ausgekippt, der Busbegleiter verkündet die tollen Preise für dieses Hotel und empfiehlt allen dort abzusteigen. Einige fragen “Isla del Sol“? Er antwortet “Manjana, die Boote fahren um 8:30h und 13:30h. What??? So hatten wir nicht gewettet. Wir machten uns auf zum Hafen 100m weiter. Dort hörten wir zuerst auch nur “Manjana, Morgen...“. Hä, bisher haben uns überall wo wir ankamen, die Taxi-Fahrer bedrängt, wir hatten nicht damit gerechnet, dass es hier anders ist. Wir wollten nicht eine Nacht hier verbringen, wir wollten zur Insel! Einer der Fährmänner bot uns dann ein Privatboot an, wir müssten bloss wegen des Sonnenuntergangs sofort entscheiden. Egal, schnell zum Geldautomaten, wir hatten weder genug Dollar noch Bolivianos zur Hand. Doch so richtig nahmen die uns noch nicht ernst, erst als ich den Hostelnamen sagte, schien ihm klar zu werden, dass wir es wirklich ernst meinten, plötzlich kam Bewegung in die Sache. Er rief einen Kollegen an, der nach Kalender heute “Notdienst“ hatte, wir gingen zu einem der vielen Boote. Als wir auf dem Wasser waren, schwante mir langsam, dass die Strecke zur Insel deutlich länger ist als gedacht. Im Reiseführer stand etwas ungenau, dass es eine Stunde mit einem Ruderboot braucht, mit dem Motorboot entsprechend schneller. Also haben wir mit zwanzig Minuten gerechnet... Es dauerte über eine Stunde, ca. 15km. Ich bin zwischendurch zum Kapitän, um nochmal das genaue Reiseziel und unser offenbar sehr bekanntes Hostel abzuklären, “Si, Si, Inti Wayra, Yumani“. Na, sollte doch irgendwie klappen. Zum Glück ist fast Vollmond und eine sternenklare Nacht. Obwohl dass Boot weder Beleuchtung noch Positionslichtet hatte, konnten wir grau in grau als erkennen. Doch wegen der Dunkelheit und des leichten Wellengangs entschied der Kapitän in einer ruhigen Bucht auf der anderen Seite der schmalen Insel fest zu machen, er musste ja nun im Dunkeln ohne die Hilfe seiner sonst zahlreichen Kollegen rückwärts zwischen zwei anderen Booten einparken. Er hatte nur vorher noch mit Handzeichen und auf Spanisch erklärt, dass er das Boot fest macht und uns dann zum Hostel bringt. Zum Glück haben wir inzwischen soviel Brocken Spanisch gelernt, das wir damit halbwegs zurecht kommen. Englisch hilft manchmal im Peru, in Bolivien fast gar nicht mehr...
Im Mondschein ging es nun los den Berg hinauf, steile, grob in den Felsen gehauene Stufen und zwischendurch blanker Fels. 200 Höhenmeter mussten wir am Ende hoch und 40 wieder runter. Der See liegt schon auf 3.800m Höhe, die dünne Luft rauschte scheinbar wirkungslos durch unsere Lungen, als Ruhepuls im Sitzen haben wir hier ja schon 80-100, und wir mussten noch jeder einen 16kg schweren Rucksack und unseren Daypack hoch tragen. Wäre Neumond gewesen, wir wären gescheitert, spätestens nach wenigen Metern hätten wir uns den Fuss umgeknickt im Dunkeln. Und den Weg hätten wir niemals alleine gefunden.
So ging es aber Stück für Stück voran. Nach einer gefühlten Ewigkeit und einem letzten Stück durch einen steilen Wald mit Einsatz der Taschenlampen kamen wir am Hostel an. Zum Glück stand jemand vor der Tür, denn normalerweise kommen um diese Zeit keine Gäste... Wir waren total erschöpft, glücklich angekommen zu sein und dem Kapitän unendlich dankbar, dass er uns hierher gebracht hat und auch mit dem Gepäck geholfen hat, dafür gab es noch ein dickes Trinkgeld obendrauf. Eigentlich war es erst kurz nach neun, fühlte sich aber an wie tief in der Nacht.
Unser Gastwirt erkannte unseren Zustand schnell, wir bekamen sofort unser Zimmer und einen heißen Tee aus frischen Koka-Blättern zur Stärkung. Uns war jetzt schon klar, dass wir uns so ein teures Privatboot kein zweites mal leisten wollen, doch der Schiffsfahrplan passte überhaupt nicht zu unserer gebuchten Busreise nach La Paz in zwei Tagen, die könnten wir so nie erreichen. Und wurde klar, dass die Planungen in Bolivien nicht nur im Vorfeld der Reise schwierig waren, sondern dass es auch so bleiben sollte. Schliesslich sind wir keine Studenten, die acht Wochen und länger hier rum reisen oder gleich ein year-off machen, unsere Reiseplanung in Bolivien hat nur zwei Notfallpuffer, die wir nicht jetzt schon vergeben wollten. Doch die Insel sollte unsere Mühen am nächsten Tag belohnen...



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