Donnerstag, 27. August 2015

Isla del Sol - Ruhe und Berge

Nach den gestrigen Strapazen genossen wir in unserem Zimmer einen grandiosen Ausblick auf einen Sonnenaufgang über dem Cordillera-Gebirge. Zum Frühstück gibt es frisch gemischtes Bircher-Müsli und Pfannkuchen mit Aprikosen-Marmelade. Ich fühle mich trotzdem noch völlig neben der Spur. Eigentlich sollte man denken, dass man nach dem Aufstieg gestern in der Höhenluft in einen ohnmachtsähnlichen Tiefschlaf fallen sollte, ich aber wache nach der Hälfte der Nacht auf und kann erst einmal nicht wieder einschlafen. Ausserdem hat sich der Husten, den ich seit der Abgas-geschwängerten Luft aus Arequipa mitschleppe, etwas festgesetzt. Nicht schlimm, nur ganz leicht, aber es nervt.

Gut, dass es auf dieser Insel keine Autos gibt. Ausserdem keine Fahrräder, kein Festnetz, kein Internet... Haupttransportmittel sind Esel, von denen hier jede Familie auf der Insel mindestens einen besitzt um Einkäufe, aber auch Steine für neue Häuser, die bergigen Hänge der Insel hoch zu schleppen.

Und unseren Befürchtungen zum kalten Wetter haben sich auch nicht bewahrheitet. Während der Wetterbericht weiterhin Temperaturen von -1 bis 5 Grad ankündigt, beobachten wir seit Tagen eine sonnige und stabile Großwetterlage über dem See. So auch heute, vormittags und am späten Nachmittag reicht eine leichte Jacke, dazwischen ist T-Shirt-Wetter.

Wir wollen heute den etwa 15km langen Insel-Wanderweg laufen, auf der einen Seite bis zum Nordende, auf der anderen Seite wieder zurück. Viele Höhenmeter stehen uns bevor, mehrfach geht aus auf die vielen kleinen 4000er Gipfel der Insel hoch und danach wieder einige Meter runter. Der Boden unter uns verändert sich alle 100m: blanker Fels, Schiefer, Geröll, Stufen aus Felssteinen. Die Insel ist im Prinzip eine schräg hoch geschobene Erdplatte, mit wenigen Schritten kann man tausende Jahre Erdgeschichte durchwandern. Doch der Ausblick ist noch viel imposanter, die Buchten der Insel liegen wie gemalt im strahlend blauen Wasser des Sees, die Hänge mit ihren verschiedenen Formationen bilden unendlich viele Motive. Immer wieder begegnen uns Frauen mit kleinen Herden von Schafen, Eseln und Rindern. Aber auf vielen Abschnitten des Weges sind wir alleine, selten kommen uns andere Wanderer entgegen.
Am Nordende der Insel besuchen wir eine der ältesten Inka-Anlagen, denn deren Kultur hat der Sage nach auf dieser Insel ihren Anfang genommen.
Nach einer kleinen Pause machen wir uns auf den Rückweg über die andere Inselseite. An einem kleinen Ort gibt es einen fast weißen Sandstrand, wir baden ein wenig im kalten Seewasser bevor wir weiter laufen. Am Wasser begegnen wir immer wieder Esel, die so zutraulich sind, dass sie sich streicheln lassen.
Doch zum Ende wird auch dieser Ausflug immer anstrengender, der lange Tag zehrt an unseren Kräften und wir sind froh, in unserem Hostel zurück zu sein. Jedoch müssen wir noch einmal schnell die 160 Höhenmeter runter zum Hafen, um uns eine Rückfahrt für den nächsten Tag vor der ersten offiziellen um halb elf zu sichern, damit wir unseren Bus nach La Paz erreichen können.
Erst werden uns nur teure Privatboote angeboten. Erst als wir entmutigt wieder gehen wollen, kommt plötzlich eine der Kapitäne an und bietet uns für acht Uhr eine Mitfahrt zum Normalpreis von etwa drei Euro an. Na, geht doch, hoffentlich klappt das auch.
Wir klettern wieder den Berg hoch, diesmal gleich bis ganz nach oben, sehen noch einen Kolibri an Blüten saugen, beobachten beim Abendessen den Sonnenuntergang über dem See und gehen danach erschöpft schlafen.









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